CFK-Carbon im Brückenbau: Swiss Made ist international führend!

CFK-Lamellen, Carbonseile und Carbonhänger im Brückenbau: Pionierarbeit Made in Swiss ist international führend!

Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa ist ein weltweit führender Pionier für die Anwendung von kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK, Carbon) im Brückenbau und Bauwesen. Bereits seit über 40 Jahren forscht der ehemalige stellvertretende Leiter der Empa, Professor Urs Meier, an entsprechenden Lösungen. Kürzlich hat das Empa Spin-off Carbo-Link die entscheidenden Komponenten für den weltweit ersten Bau einer innovativen Netzwerkbogen-Brücke mit Carbonhängern und kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffseilen geliefert – und damit nicht nur einen Meilenstein für den Praxiseinsatz Carbon im Brückenbau erreicht, sondern zugleich auch noch am 28. November 2022 den Deutschen Ingenieurbaupreis 2022 mitgewonnen, den renommierten Staatspreis für Baukonstruktionen.

Bilder: Der weltweit erste Einsatz von Carbonhängern und CFK-Seilen im Brückenbau wurde von dem Schweizer Empa-Spin-off „Carbo-Link“ ermöglicht. Pressefotos: schlaich bergermann partner, sbp Stuttgart, Andreas Schnubel.
Quelle: https://www.bbr.bund.de/BBR/DE/Wettbewerbe/DeutscherIngenieurbaupreis/2022/verfahren.html


Von den ersten Pilotprojekten mit Liebherr und Alinghi zum heutigen Carbon-Brückenbau

Der Einsatz von CFK-Carbon im Brückenbau und Bauwesen wird seit Anfang der 1980er in der Empa-Abteilung Kunststoffe/Composites erforscht. Die Vorteile liegen auf der Hand: Carbon ist deutlich leichter, ermüdungsfester, 10-mal belastbarer als Stahl und kann zudem nicht rosten. Das aktuell preisgekrönte Brückenbauprojekt belegt zudem, dass auch die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch bei dem Carbonwerkstoff deutlich geringer sind als bei Stahl. Und obwohl der Grundstoff, die reinen Kohlenstofffasern, anfangs noch fast unerschwinglich waren (ab 3.000 Franken pro Kilogramm aufwärts), ist der Preis in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und ist nun mit unter 100 Franken pro Kilogramm wirtschaftlich konkurrenzfähig geworden. Im Ergebnis war die 127 Meter lange Netzwerkbogen-Brücke für die Stadtbahn in Stuttgart, die sich an 72 vorgespannten Hängeseilen aus Carbon über die Autobahn A8 spannt, sogar kostengünstiger als eine vergleichbare Konstruktion mit herkömmlichen Stahlhängern!
 

  • Das in über 40 Jahren Forschung angesammelte Knowhow macht die Empa und ihr im Jahr 2000 gegründetes Spin-off Carbo-Link zu einem weltweiten Vorreiter für CFK-Carbon im Brückenbau und Bauwesen.
  • Dabei führten die ersten Pilotprojekte anfangs zunächst noch zum Einsatz der extrem belastbaren und korrosionsbeständigen Carbonseile als Zugstangen für die weltgrössten Krane der Firma Liebherr.
  • Anschliessend folgte der Einsatz für die Hochleistungs-Yacht Alinghi unter Schweizer Flagge, der ersten europäischen Yacht überhaupt, die den angesehenen America`s Cup gewinnen konnte.
  • Der erste Einsatz von Carbon im Bauwesen erfolgte 1991, als die Ibachbrücke in Luzern mit CFK-Lamellen saniert und nachträglich verstärkt wurde. Seitdem werden nicht nur Brücken sowie die Stahlbetondecken von Parkhäusern und grossen öffentlichen Gebäuden, sondern auch historische Bauwerke mit CFK-Lamellen nachträglich verstärkt, um bauliche Schäden zu beheben oder die Bauten an gestiegene Anforderungen anzupassen.
  • Der erste Einsatz von Carbon/CFK für die Tragseile im Brückenbau erfolgte 1996 beim Bau der Storchenbrücke in Winterthur.
  • Die 72 Carbonhänger und CFK-Seile für die nun realisierte 127 Meter lange und rund 1.500 Tonnen schwere Stadtbahnbrücke in Stuttgart wiegen zusammen gerade einmal 1.675 Kilogramm. Damit sind sie rund 18-mal leichter als die bisherigen Stahlhänger.



Schon bewährt: Carbon-Lamellen zur Sanierung und Verstärkung von Brücken und Decken

Im Unterschied zu den innovativen Carbonhängern und CFK-Seilen, die gerade in den Startlöchern stehen, hat sich der Einsatz von CFK-Lamellen zur Verstärkung und Sanierung bestehender Brückenbauten bereits seit einigen Jahrzehnten bewährt. Erst kürzlich, im August 2021, haben jedoch Empa-Forschende zusammen mit dem Industriepartner S&P Clever Reinforcement Company zwei entscheidende Optimierungen dieser Technologie präsentiert.
 

  • Zum einen erhöhen gefräste Längsrillen in der Brückenunterseite die Fläche für die Kraftübertragung auf die hochstabilen CFK-Lamellen. Das erhöht die Belastungsfähigkeit um 34%.
  • Werden die Carbon-Lamellen zudem noch so vorgespannt, dass die Vorspannung der Durchbiegung entgegenwirkt, erhöht sich die Belastungsfähigkeit sogar um 77%. Weitere Grossversuche sollen die beiden Weiterentwicklungen nun zur Marktreife führen.


Bild: Einsatz von CFK-Lamellen bei der Sanierung einer Autobahn-Brücke 2018 zwischen Küssnacht und Brunnen, allerdings noch ohne Vorspannung.
Foto: S&P Clever Reinforcement Company AG.
Quelle: https://www.empa.ch/web/s604/eq72-bruecken


Comming soon: Carbonbeton im Bauwesen und selbstheilender Low-Budget-Beton vom MIT

An der Empa wird auch erfolgreich an Carbonbeton geforscht. Der Einsatz von Carbonfasern statt klassischer Stahlbewährung macht den Hochleistungsbeton stabiler, leichter und korrosionsbeständiger. Da somit deutlich weniger Beton benötigt wird, werden im Ergebnis auch weniger Material, Ressourcen, Energie und CO-Emissionen benötigt. Der leichte und hochstabile Carbonbeton eröffnet auch völlig neue Möglichkeiten in der Architektur. Brücken und andere Bauwerke könnten so künftig deutlich filigraner errichtet werden.
 

  • Ende September 2022 wurde auf dem Campus der TU Dresden mit dem „CUBE“ das weltweit erste Gebäude aus Carbonbeton eingeweiht. Der Carbonbetonbau entstand unter dem Dach des Netzwerks „Carbon Concrete Composite (C³)“, dem derzeit grössten Bauforschungsprojekt in unserem nördlichen Nachbarland.
  • Aber bereits wenige Monate nach Fertigstellung des CUBEs zeigten sich erste Risse im Carbonbeton – allerdings mit voller Absicht. Denn das neue Gebäude soll auch die neuen Möglichkeiten und erweiterten Grenzen des neuen Baustoffs aufzeigen. Statt wie bei Stahlbeton alle sechs Meter eine Dehnungsfuge einzufügen, misst die Schale des CUBEs ganze 42 Meter am Stück. Daher ist die Bildung von kleinen Rissen im Beton ganz normal.
  • Aber im Unterschied zu einer klassischen Stahlbewährung, kann Regen und Frost einer CFK-Bewährung nichts anhaben. Dennoch wurde unter der Betonschicht eine spezielle Schicht zur Abdichtung und Ableitung des Wassers eingebaut. Im Ergebnis soll die Lebenszeit des Bauwerks nicht mehr bei den 70 bis 80 Jahren von Stahlbeton liegen, sondern nun mehr bei über 200 Jahren.

Gegen die Rissbildung im Beton hat übrigens erst kürzlich das angesehene Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA eine innovative Lösung (wieder-)entdeckt. Die Wissenschaftler untersuchten den antiken Hochleistungsbeton, den die Römer vor fast genau 1.900 Jahren für den Bau des Pantheons in Rom verwendeten. Dabei stiessen sie auf einen bislang unbekannten Trick, der dem Beton auf einfache Art und Weise Selbstheilungskräfte verleiht. Dafür sind millimeterkleine Klümpchen aus ungelöschtem Kalk verantwortlich, die von der Wissenschaft bislang irrtümlich für Verunreinigungen gehalten wurden. Dringt nun Wasser durch kleine Risse in den Betonbau ein, reagiert der ungelöschte Kalk mit dem Wasser zu gelöschtem Kalk, der in der Folge mit Wasser und Sand zu einem zementartigen Bindemittel mineralisiert und damit den Spalt schliesst.


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