Aktionsplan des SBV: „Offensive Modernisierung Gebäudepark“

Aktionsplan des SBV: „Offensive Modernisierung Gebäudepark“ – das Sanierungstempo muss verdreifacht werden!

 

Der Schweizer Gebäudepark ist zu einem Grossteil in die Jahre gekommen und hat vor allem wegen der schlechten Energieeffizienz einen hohen Modernisierungsbedarf. Rund zwei Drittel der Bestandsgebäude gelten als energetisch sanierungsbedürftig. Dabei verbraucht der Gebäudepark fast die Hälfte der gesamten Primärenergie in der Schweiz und erzeugt fast ein Viertel der schweizweiten Treibhausgasemissionen. Damit besitzen die Gebäude, neben dem Mobilitätssektor, das grösste Einspar- und Effizienzpotenzial zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele 2050. Um dieses grosse Potenzial jedoch nicht nur auszurufen, sondern auch tatsächlich heben zu können, muss das derzeitig Sanierungstempo laut dem Schweizerischen Baumeisterverband SBV zwingend verdreifacht werden. Daher hat der SBV nun den Aktionsplan „Offensive Modernisierung Gebäudepark“ initiiert und Ende Februar 2022 erstmals die Details hierzu veröffentlicht.

 

Zahlen und Fakten zum aktuellen Sanierungsbedarfs des Schweizer Gebäudeparks 2022

 

  • Der Schweizer Gebäudepark setzt sich zu knapp drei Vierteln aus Wohngebäuden zusammen, der Rest entfällt auf öffentliche Gebäude und Dienstleistungsbauten.
  • Etwa 80% der aktuell rund 2,3 Millionen Gebäude in der Schweiz wurde bereits vor 1990 erstellt. Dabei gelten 1,5 Millionen dieser Bestandsbauten wegen ihrer schlechten Energieeffizienz als sanierungsbedürftig.
  • Der Gebäudepark ist insgesamt für rund 45% der in der Schweiz verbrauchten Primärenergie verantwortlich und erzeugt dadurch rund 24% der schweizweiten CO2-Treibhausgasemissionen. Über 80% dieses Energiebedarfs werden dabei für Heizung (64,5%) und Warmwasser (15,5%) aufgewendet, weniger als 20% entfallen auf den ganzen Rest wie Herstellung, Unterhalt, Beleuchtung, Klimatisierung, Elektrogeräte (Kochen, Waschen, Spülen) usw.
  • Allein durch die Sanierung eines Altbaus mit zusätzlicher Dämmung und neuen Fenstern lässt sich jedoch der spezifische jährlicher Heizenergieverbrauch bereits von durchschnittlich 120 kWh/ m²a auf 60 kWh/m²a halbieren.
  • Bei einem Neubau liegt der spezifische jährliche Heizenergieverbrauch allerdings im Durchschnitt bei nur noch 40 kWh/m²a und beim Minergie-Standard sogar nur bei 20 kWh/m²a. Neubauten mit Plusenergie-Standard erzeugen sogar unterm Strich mehr Energie, als sie verbrauchen.
  • Neben der Sanierung des bestehenden Gebäudeparks spielen somit moderne Ersatzneubauten eine herausragende Rolle, um die ambitionierten Klimaziele erreichen zu können.

 

Das Klimaziel 2050: Den Energieverbrauch des Gebäudesektors bis 2050 halbieren

 

Die nationalen Klimaziele der Schweiz streben bis 2050 einen Netto-CO2-Austoss von Null an. Dafür soll der Energieverbrauch im Gebäudesektor bis 2050 halbiert und der Anteil erneuerbarer Energien an Heizung und Warmwasser schrittweise auf 100% erhöht werden – letzteres im Idealfall, so die Schweizer Energiestiftung SES, sogar schon bis 2035. Das Problem ist allerdings, dass die energetische Sanierungsrate in der Schweiz mit derzeit 0,9% noch viel zu langsam voranschreitet. So würde es beim jetzigen Sanierungstempo rund 100 Jahre dauern, bis alle Bestandsgebäude energetisch saniert sind. Nur wenn die Sanierungsgeschwindigkeit verdreifacht wird, rechnet der SBV vor, können die Klimaschutzziele des Gebäudesektors überhaupt bis 2050 eingehalten werden und nicht erst bis zum Jahr 2120.

 

Der Aktionsplan „Offensive Modernisierung Gebäudepark“ des SBV

 

Der Aktionsplan „Offensive Modernisierung Gebäudepark“ des Schweizerischen Baumeisterverbands umfasst daher konkret folgende zwölf Punkte und Massnahmen, die sich ändern müssten, damit der Schweizer Gebäudesektor überhaupt die notwendige Modernisierungsquote erreichen und seinen Anteil zur Erreichung der Klimaziele 2050 erfüllen kann.

 

  1. Zur Erhöhung der Sanierungsrate sollte zügig ein Ausnützungsbonus von 30% für Ersatzneubauten eingeführt werden.
  2. Ersatzneubauten sollten dieselbe finanzielle Förderung wie energetische Sanierungen erhalten.
  3. Die regulatorischen Auflagen für Baugesuche mit einer verdichtenden Bauweise müssen vereinfacht werden.
  4. Die Verdichtungsprojekte sollten zudem besser kommuniziert werden, vor allem seitens der Bauherrschaft, um die vielen grossen Vorteile klarer herauszustellen.
  5. Derzeit werden rund 20% des Schweizer Gebäudeparks im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS) aufgeführt. Die Anzahl der unter Schutz gestellten Gebäude sollte jedoch einen festen Grenzwert (z.B. 10%) nicht übersteigen dürfen.
  6. Die verdichtende Bauweise sollte mindestens denselben Stellenwert erhalten wie der Ortsbildschutz.
  7. Die kantonalen Raumplanungsgesetze sollten auf sich widersprechende Regelungen für die Verdichtung untersucht (z.B. Lärm, Schattenwurf, Ästhetik usw.) sowie Hindernisse wie die Ausnützungsziffer revidiert werden.
  8. Die „Einsprachen“ bei Baubewilligungen werden oft aus reiner Blockadehaltung missbraucht und sollten daher für eine Vermeidung von unnötigen Verzögerungen entkräftet werden.
  9. Die Baubewilligungsprozesse dauern in der Schweiz deutlich länger als im internationalen Vergleich. Die Bewilligungen sollten daher schneller erteilt werden, um die Attraktivität von Bauinvestitionen zu erhöhen.
  10. Dafür sollten die Behörden unter anderem auch ihre Ressourcen und Kompetenzen im Bereich der Baubewilligungsprozesse erhöhen, vor allem in den Ballungszentren und mittelgrossen urbanen Regionen.
  11. Die öffentlichen Bauherren sollten Vorreiter mit Vorbildcharakter bezüglich des Einsatzes von Recycling-Baustoffen sein und dies in den Ausschreibungen entsprechend berücksichtigen.
  12. Die Wiederverwertung von Baustoffmaterialien befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Um das grosse Innovationspotenzial in diesem Bereich voll entfalten zu können, sollte das nicht überreguliert werden.

 

Fördergelder für die Gebäudesanierung, Modernisierung und weitere nützliche Links

 

  • Das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen bietet vielfältige Fördergelder für energetische Sanierungen und entsprechende bauliche Massnahmen.
  • Die neutrale Beratungsplattform „Energieheld Schweiz“ bietet eine umfassende Informationsseite mit allen Fördermöglichkeiten für die Sanierung des Gebäudeparks nach Kantonen und Themen geordnet.
  • Eine gute Übersicht über die Bauförderprogramme und Fördermittel rund um die Gebäudemodernisierung und energetische Sanierung bietet auch die Raiffeisen Schweiz.
  • Weitere nützliche Links für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in dem Baugewerbe finden Sie hier auf ICM-Bau, Ihrem führenden Recruiting-Spezialisten für die Schweizer Baubranche.